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26. Januar 2022

Wir stimmen ab: Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung»

Soll Tabakwerbung, die für Jugendliche sichtbar ist, in der Schweiz verboten sein? Darüber entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung am 13. Februar. Discuss it hat mit GLP-Nationalrat Jörg Mäder und FDP-Nationalrätin Regine Sauter diskutiert, inwiefern ein Tabakwerbeverbot mehr Jugendschutz bringen würde.

Jede vierte Person in der Schweiz raucht – auch unter den Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren. Dass Jugendliche vor den schädlichen Folgen des Rauchens besser geschützt werden sollen, darüber sind sich die meisten Politiker:innen einig. Doch ist die Initiative für ein stärkeres Tabakwerbeverbot der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen?

Was gilt heute bezüglich Tabakwerbung?

Schon heute ist Tabakwerbung schweizweit in Radio und Fernsehen verboten. Ebenso in Jugendzeitschriften oder an Veranstaltungen, die sich direkt an Jugendliche richten. Man darf auch keine Tabakprodukte gratis an Jugendliche verteilen. Die Kantone schränken die Tabakwerbung zum Teil weiter ein: In 17 Kantonen ist Plakatwerbung verboten, in 6 Kantonen Werbung im Kino. Fast alle europäischen Länder regulieren die Tabakwerbung aber viel stärker als die Schweiz. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert ein umfangreiches Verbot für Tabakwerbung.

Rund zwei Millionen Menschen in der Schweiz rauchen ein Viertel der Bevölkerung. Die Hälfte von ihnen begann schon im Jugendalter mit dem Rauchen. Dass Rauchen schädlich ist, ist wohlbekannt: Rund 9500 Menschen sterben in der Schweiz jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. Denn Rauchen begünstigt verschiedene Krankheiten wie insbesondere Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen und kann Schädigungen im Mund- und Rachenraum auslösen. Nicht zuletzt kostet das unser Gesundheitssystem und die Wirtschaft jährlich vier bis fünf Milliarden Franken.

Die Schweiz verfolgt eine Tabakpräventionspolitik. Beispielsweise fliessen Gelder aus dem Tabakpräventionsfonds in kantonale Präventionsprogramme oder in die Telefonberatung «Rauchstopplinie». Auch verschiedene NGOs wie etwa die Lungenliga und die Krebsliga engagieren sich in der Präventionsarbeit. Das Parlament hat gesetzliche Massnahmen beschlossen wie Tabaksteuern auf Zigaretten oder ein Rauchverbot in Innenräumen.

Was möchte die Initiative erreichen?

Forschungen haben gezeigt: Mit der Werbung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche zu rauchen anfangen. Gemäss der Krebsliga schneidet die Schweiz im internationalen Vergleich beim Jugendschutz in der Tabakprävention schlecht ab. Deshalb möchten die Initiant:innen, angeführt von Gesundheitsverbänden und Ärztegesellschaften, jegliche Tabakwerbung verbieten, die für Jugendliche sichtbar und zugänglich ist. Das würde Grossanlässe ebenso wie Kinos, Zeitungen und Kioske betreffen, sofern diese für Jugendliche zugänglich sind. Es wäre nur noch Werbung legal, die sich an Erwachsene richtet, etwa Werbemails, Prospekte und gezielte Werbung im Internet und auf Social Media. Zudem würde mit der Initiative in die Verfassung geschrieben, dass Bund und Kantone die Gesundheit von Minderjährigen fördern müssen.

Was ist die Alternative zur Initiative?

Unabhängig davon, wie die Abstimmung ausgeht, tritt das Tabakproduktegesetz in Kraft. Dieses hat das Parlament im Herbst 2021 beschlossen. Darin steht etwa, dass keine Tabakprodukte und elektrische Zigaretten an Minderjährige verkauft werden dürfen. Zudem wäre Tabakwerbung auf Plakaten, in Kinos, auf Sportplätzen, in und an öffentlichen Gebäuden, im öffentlichen Verkehr und an Veranstaltungen mit internationalem Charakter verboten. Weiterhin wäre jedoch Werbung in Zeitungen und im Internet möglich. Auch Kioske und andere Verkaufsstellen von Tabakprodukten wären nicht betroffen. Schliesslich wäre Sponsoring von nationalen Anlässen weiterhin erlaubt. Damit sollen der Jugendschutz verstärkt und gleichzeitig die Anliegen der Wirtschaft berücksichtigt werden. Bei einem Nein tritt nur das Tabakproduktegesetz in Kraft (gegen das kein Referendum ergriffen wurde), bei einem Ja würde das Gesetz zusätzlich angepasst werden.

Was sind die Argumente der Befürworter:innen?

Für die Befürwortenden der Initiative Politiker:innen der SP, Grünen, EVP und GLP sowie die Ärzteschaft, Apotheker- und Drogistenverbände ist klar: Jugendliche brauchen einen besonderen Schutz vor Suchtmitteln. Werbung spiele dabei eine grosse Rolle: «Schon die hohen Investitionen in Werbung zeigen, dass sie funktioniert», sagt GLP-Nationalrat Jörg Mäder. Die Tabakwerbung sei in der Bildsprache klar an junge Menschen gerichtet. 

Es sei verharmlosend, Tabakprodukte wie alle anderen Produkte zu behandeln und Werbung zu erlauben. «Man kann niemandem den Konsum verbieten, aber wenigstens soll man Suchtmittel nicht noch bewerben», erklärt Mäder. Das Tabakproduktegesetz sei gut, aber es gehe nicht genügend weit: Damit sei nach wie vor Werbung erlaubt, die Jugendliche erreiche etwa in Gratiszeitungen oder an Kiosken.

Was sind die Argumente der Gegner:innen?

Den Gegner:innen insbesondere Politiker:innen der Mitte, FDP und SVP   geht die Initiative zu weit. Bereits heute sei die Werbung reguliert. Und mit dem neuen Tabakproduktegesetz werde die Werbung aus dem öffentlichen Raum weitgehend verbannt, sagt FDP-Nationalrätin Regine Sauter. Für sie ist klar: «Zigaretten sind legal. Und in einem liberalen Staat muss es erlaubt sein, für legale Produkte zu werben.» Man müsse die Jugendlichen schützen, doch dürfe die Erwachsenen nicht bevormunden.

Sauter spricht auch von einem Ehrenkodex in der Tabakbranche: «Keine Werbung für Jugendliche, daran hält man sich auch.» Zudem sei die Werbung nicht allein ausschlaggebend, dass Jugendliche mit dem Rauchen anfangen: Andere Faktoren wie Gruppendruck oder rauchende Familienmitglieder hätten einen grösseren Einfluss.

Was sagen der Bundesrat und das Parlament?

Der Bundesrat und das Parlament befürworten das Anliegen, Kinder und Jugendliche vor den schädlichen Folgen des Rauchens zu schützen. Die Initiative geht ihnen aber mehrheitlich zu weit. Sie empfehlen deswegen ein Nein. Im Nationalrat haben 101 Politiker:innen gegen die Initiative gestimmt, 88 waren dafür. Im Ständerat waren 29 Politiker:innen dagegen und 14 dafür.

Und jetzt du!

Schützt das Tabakwerbeverbot Kinder und Jugendliche oder sollte Tabakwerbung in einem liberalen Staat erlaubt sein? Schreib uns deine Meinung in die Kommentare und stimm am 13. Februar ab!

Erstellt von Ann-Kathrin Amstutz