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16. Mai 2023

Wir stimmen ab: Das Klima- und Innovationsgesetz

Am 18. Juni 2023 stimmt die Schweiz über drei Vorlagen ab, darunter das «Klima- und Innovationsgesetz», gegen welches das Referendum ergriffen wurde. Als indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative soll das Gesetz Klimaschutz und Energieversorgung stärken.

Was will die Vorlage?

Das Hauptziel des Gesetzes ist, die Schweiz bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Anstatt fossile Energie wie bei der Gletscher-Initiative verbieten zu wollen, möchte der indirekte Gegenvorschlag diese nur reduzieren und die anfallenden Emissionen stattdessen kompensieren. Einige der Massnahmen werden bereits in dieser Gesetzesvorlage definiert, während weitere im Verlauf der Jahre dazukommen werden, jeweils unter Berücksichtigung der aktuellsten technologischen Fortschritte sowie unter Mitspracherecht der Stimmbevölkerung. Unkonventionell für eine Klimavorlage ist, dass dieses Mal keine neuen Steuern oder Verbote vorgesehen sind, welche sich in der Vergangenheit als gesellschaftlich unbeliebt herausgestellt haben. Dafür stellt der Bund Gelder zur Verfügung, um die geplanten Massnahmen umzusetzen – monetäre Anreize sind deutlich beliebter bei Abstimmungen.

Das vorliegende Gesetz würde konkret folgende Punkte angehen: Vorrangig soll wie erwähnt der Klimaschutz verbessert werden, etwa, indem die Bevölkerung besser vor Hitzewellen, Erdrutschen oder Hochwasser geschützt wird. Zudem sollen auch Öl-, Gas- und Elektroheizungen ersetzt werden, da sie entweder zu viele Treibhausgase ausstossen oder sehr viel Strom verbrauchen. Hausbesitzende, die eine solche Heizung gegen eine energieeffizientere und klimafreundlichere Version austauschen, erhalten daher finanzielle Unterstützung. Weil der Ausstoss von Treibhausgasen in Branchen wie der Müllverbrennung oder Landwirtschaft nicht gänzlich vermieden werden können, sollen diese anfallenden Emissionen stattdessen kompensiert werden. Dies geschieht, indem man CO2 aus der Luft filtert und dieses z.B. im Boden oder Beton speichert. Schliesslich sollen Innovationen zur Reduktion von Treibhausgasen gefördert werden. Und zuletzt würde auch der Finanzplatz in die Verantwortung genommen, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Die Gletscher-Initiative wurde lanciert, um Massnahmen einzuführen, welche die Schweiz bis 2050 klimaneutral gestalten sollten. Die Sammlung der Unterschriften begann Ende April 2019 und die Initiative kam Mitte Dezember 2019 zustande. Zentral war das im Initiativtext vorgesehene Verbot von fossiler Energie, welches nun beim indirekten Gegenvorschlag in eine Reduktion derer (und der Kompensation anfallender Emissionen) umgewandelt wurde. Der Unterschied zwischen einer Volksinitiative und einem Gegenvorschlag ist, dass erstere die Bundesverfassung verändern will, während letzterer lediglich ein Gesetz ist. Der indirekte Gegenvorschlag wurde vom Parlament ausgearbeitet und vom Initiativkomitee der Gletscher-Initiative gutgeheissen. Folglich zog das Initiativkomitee ihre Initiative im Oktober 2022 zugunsten des Gegenvorschlags bedingt zurück. Gegen das Gesetz des Gegenvorschlags wurde von der SVP das Referendum ergriffen, weshalb die Bevölkerung zuerst über den Gegenvorschlag abstimmt. Sollte dieser abgelehnt werden, kann das Initiativkomitee die Gletscher-Initiative aufgrund des bedingten Rückzugs immer noch zur Abstimmung bringen.

Was sagen die Befürworter:innen?

Analog zu den Inhalten der Vorlage argumentiert die Pro-Seite, dass der Klimaschutz gestärkt und seine Auswirkungen abgefedert werden müssen. Zudem soll die Schweiz unabhängig werden von fossilen Energien, welche einerseits endlich sind und die Schweiz andererseits zum Handel mit unzuverlässigen Regierungen zwingen, da sie von der Schweiz nicht selbst hergestellt werden können. Somit sollen auch Abhängigkeiten verringert werden. Ein weiteres Anliegen des Bundes betrifft die finanzielle Förderung energieeffizienter Heizungen. Auch Unternehmen profitieren von Geldern, wenn sie in klimafreundliche Technologien investieren. Dies sei schlussendlich auch dem Wirtschaftsstandort Schweiz zuträglich.

Was sagen die Gegner:innen?

Das von der SVP angeführte Referendumskomitee bezeichnet die Vorlage hingegen als teures «Stromfresser-Gesetz» und kritisiert vor allem drei Punkte: Erstens wird befürchtet, dass der Staat ohne Rücksprache mit der Bevölkerung teure Sanierungsmassnahmen von Privatpersonen verlangen kann (z.B. Gasheizungen, Benzinautos oder Flugreisen verbieten). Zweitens könnte das «faktische Verbot» von fossiler Energie vor allem im Winter zu Stromversorgungslücken führen, da aktuell der Strombedarf nicht anderweitig gedeckt werden könne. Dies würde die Schweiz vermehrt von Stromimporten abhängig machen. Besser wäre gemäss Referendumskomitee, zuerst andere Energiequellen auszubauen und erst im Anschluss daran die fossile Energie auszuschleichen. Und drittens sei dies auch mit deutlich höheren Stromkosten verbunden, einerseits wegen des generellen Umbaus des Energiesystems, andererseits auch aufgrund höherer Energiekosten für Private. Vor allem finanziell schlechtergestellte Haushalte würden darunter leiden. 

Was sagen Bundesrat und Parlament?

Bundesrat und Parlament befürworten die Vorlage. Im Nationalrat kam es zu 139 Ja- und 52 Nein-Stimmen (bei 2 Enthaltungen) und im Ständerat zu 38 Ja- und 4 Nein-Stimmen (bei 3 Enthaltungen). 

Sollte das Gesetz abgelehnt werden, kann das Initiativkomitee der Gletscher-Initiative entscheiden, ob es diese doch noch an die Urne bringen möchte, da sie nur bedingt zugunsten des Klima- und Innovationsgesetzes zurückgezogen wurde.

Erstellt von Sophie Ruprecht