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13. Mai 2024

Wir stimmen ab: Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien

Zusammen mit drei anderen Vorlagen wird am 9. Juni 2024 an der Urne über das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien entschieden. In diesem Blogbeitrag erhältst du einen Überblick über die wichtigsten Fakten zur Abstimmungsvorlage. 

Im letzten Herbst hat das Parlament obenstehendes Gesetz verabschiedet, um schnell mehr erneuerbare Energie zu produzieren, wogegen jedoch das Referendum von einem Umweltverband ergriffen wurde. Paradox? Hier erfährst du, welche Argumente die beiden Seiten hervorgebracht haben. 

Die Kernmerkmale erneuerbarer Energien sind, dass sie sich innerhalb kurzer Zeit erneuern und die Umwelt nur minimal belasten. Erneuerbar heisst, dass diese Energiequellen entweder unerschöpflich sind oder sich innert kurzer Zeit erholen bzw. schnell nachwachsen. Beispiele erneuerbarer Energien sind Windenergie, Wasserkraft, Sonnenenergie, Biomasse und Geothermie (Erdwärme). Sie stehen den nicht erneuerbaren fossilen Energiequellen wie Kohle, Erdöl oder Erdgas gegenüber, welche sich nur über Millionen von Jahren bilden.

Was ist die Ausgangslage?

Die Schweiz hat sich dazu verpflichtet, bis 2050 «netto null» zu werden, sprich, nicht mehr Treibhausgase auszustossen, als sie kompensieren kann. Um dies zu erreichen, müssen diverse Sektoren elektrifiziert werden, etwa Industrie, Verkehr oder das Heizen. Das bedeutet folglich auch, dass die Schweiz zukünftig auf mehr Strom angewiesen sein wird. Hinzu kommt, dass die Schweiz bald keine laufenden Kernkraftwerke (KKW) mehr haben wird, es wird also eine weitere Energiequelle wegfallen. Da nicht nur die Schweiz ihr Energiesystem umbauen muss und auch andere Länder in diesem Prozess stecken, kann es in Zukunft vor allem in Wintermonaten schwierig werden, den Strombedarf zu decken, falls nicht genügend Energie importiert werden kann. Auch der Krieg in der Ukraine hat diese Problematik noch einmal verschärft. Daher hat der Bund 2023 neue Massnahmen ausgearbeitet, welche den Schweizer Strombedarf mittels umweltfreundlicher Energiequellen sicherstellen sollen. 

Was möchte die Vorlage ändern?

Das Hauptziel der Vorlage ist, möglichst schnell möglichst viel erneuerbare Energie in der Schweiz zu produzieren. Damit kann nicht nur die Unabhängigkeit von ausländischer Energie gewährleistet, sondern auch das Risiko von Stromversorgungslücken minimiert werden. Dafür wird es einerseits neue Regelungen für Produktion, Transport, Speicherung und Verbrauch von Strom geben. Beispielsweise soll die Energieeffizienz (heisst: die geringstmögliche Menge eingesetzter Energie, die notwendig ist, um eine Leistung zu erbringen), weiter gesteigert werden. Andererseits sind auch neue Förderinstrumente vorgesehen. Das grösste Potential liegt bei der Sonnenenergie, weshalb unter anderem der Ausbau dieser Energiequelle auch weiterhin finanziell unterstützt werden soll. 

Für den Bau grosser Wind- und Solarkraftanlagen sollen ab 2025 erleichterte Planungsbedingungen gelten, da es sich hierbei um Anlagen von nationalem Interesse handelt. Jedes Projekt wird aber weiterhin einzeln bewilligt werden müssen. Auch die Wasserkraft soll ausgebaut werden; dies umfasst sowohl die Erhöhung bestehender Staumauern als auch den Bau neuer Kraftwerke. Hierbei soll jedoch auch stets der lokalen Biodiversität Rechnung getragen werden. Eine grössere Änderung betrifft die Erfolgschance bei Beschwerden von Privaten und Verbänden. Während Einsprachen weiterhin erlaubt sind, ist damit zu rechnen, dass Gerichte diesen inskünftig seltener Recht geben werden, um den Ausbau der Stromproduktion voranzutreiben. Dies betrifft sowohl Wasser-, Wind- als auch Solarkraftanlagen. 

Ein zentraler Punkt der Vorlage ist die Notwendigkeit, im Winter genügend Strom verfügbar haben zu müssen. Um Energiereserven anzulegen, sollen grössere Wasserkraftwerke dazu verpflichtet werden, im Winter genug Wasser in den Speicherseen zu haben, um dieses zur Stromproduktion einzusetzen. 

Der Bund hat auch diverse Bedenken direkt adressiert: Um die Landschaft bestmöglichst zu schützen, dürfen in schützenswerten Gebieten (Biotopen) auch zukünftig keine neuen Stromproduktionsanlagen gebaut werden. Zudem wird die Bevölkerung auch weiterhin ein Mitspracherecht erhalten, etwa im Rahmen von Abstimmungen über konkrete Projekte. 

Was sind die Argumente der Befürwortenden?

Bundesrat und Parlament unterstützen die Annahme dieser Vorlage. Der Ständerat empfahl einstimmig ein Ja (44 Ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen), der Nationalrat mit 177 Ja zu 19 Nein-Stimmen (0 Enthaltungen). Insgesamt sei die Annahme dieser Vorlage essentiell dafür, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden kann. 

Konkret empfehlen sie das Ja bei der Abstimmung, um die Schweizer Stromversorgungssicherheit und Unabhängigkeit zu gewährleisten. Auch wird beim Bau neuer Stromproduktionsanlagen Rücksicht auf Landschaft und Natur genommen, und man wird solche auch nur in dafür geeigneten Gebieten bauen. Diese Vorhaben werden auch von grossen Umweltorganisationen wie dem WWF oder Pro Natura unterstützt. Zudem bleiben demokratische Rechte bestehen, denn die Bevölkerung wird weiterhin mitsprechen dürfen. Beim Ausbau der Solarenergie werden bisherige finanzielle Anreize beibehalten, ohne neue Pflichten oder Abgaben einzuführen. 

Was sind die Argumente der Gegner:innen?

Das Referendumskomitee setzt sich aus Akteur:innen von Landschaftsverbänden sowie der SVP und der FDP-Aargau zusammen, die sich gegen das neue Stromgesetz stellen. Sie warnen davor, dass eine Annahme des Gesetzes das Roden von Wäldern, die Verschandelung von Landschaften und die Vernichtung von geschützten Biotopen zur Folge haben wird. Dies, weil es durch das Gesetz zukünftig erlaubt sein wird, Infrastruktur zur Stromproduktion in geschützten Landschaften zu errichten. Auch Schäden in den Alpen durch grosse Solaranlagen werden befürchtet. Der Bau von Windkraftanlagen könnte zudem auf Kosten von Waldgebieten gehen, die leichter gerodet werden dürften. Mit dem Bau neuer Staumauern würden ausserdem Naturgebiete geflutet. 

Es besteht auch die Sorge, dass künftig der Energieerzeugung automatisch Vorrang vor anderen Anliegen wie dem Naturschutz eingeräumt wird … Ebenso kritisiert wird die erleichterte Planung von neuen Stromproduktionsanlagen, weil gewisse Einsprachemöglichkeiten wegfallen könnten. 

Verlangt wird, dass neue Stromproduktionsanlagen auf Dächern statt in der Natur gebaut werden. Auch solle zuerst Energie eingespart werden, bevor neue Anlagen entstehen. Aus diesen Gründen empfiehlt das Nein-Komitee die Ablehnung des Gesetzes. 

Diese Vorlage verdeutlicht in der Folge also ein weiteres Mal den Zwiespalt zwischen Landschafts- und Klimaschutz – beides Themen, die auf der politisch linken Seite zu verorten sind. 

Erstellt von Sophie Ruprecht