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4. Mai 2022

Wir stimmen ab: Änderung des Filmgesetzes

Ob neue Regelungen für Streamingdienste und ausländische Fernsehsender gelten sollen, darüber stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung am 15. Mai ab. Welche Änderungen vorgesehen sind und welche Argumente Philipp Eng (Vorstand Jungfreisinnige Schweiz) und Joël Jent (überparteiliches Komitee «Ja zum Filmgesetz») vorbringen, haben wir euch hier zusammengefasst.

Wie viele Leute kaufen sich heute noch DVDs oder sitzen an einem bestimmten Datum und Uhrzeit vor dem Fernseher und schauen sich Filme oder Serien an? Das Konsumverhalten verlagert sich heute immer wie mehr ins Internet. Dort kann man sich schliesslich auf verschiedensten Streamingdiensten zu jeder beliebigen Zeit eine Fülle an Filmen und Serien anschauen. Netflix, Disney+ und andere Anbieter sind seit Jahren auf dem Vormarsch und verdienen in der Schweiz jährlich rund 300 Millionen Franken. Mit dem revidierten Filmgesetz sollen nun solche Streamingdienste einer Investitionspflicht zugunsten Schweizer Filmschaffenden unterliegen. Gegen diese Revision haben aber unter anderem die Jungparteien von FDP, SVP und GLP das Referendum ergriffen. Daher stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung am 15. Mai darüber ab.

Welche Regelung gibt es heute bereits?

Eine Investitionspflicht von 4% zugunsten des Schweizer Filmschaffen kennen die inländischen Fernsehsender schon seit 1993. Doch das ist nicht die einzige Regelung, an die sie sich halten müssen. Ebenfalls seit fast 30 Jahren sind die inländischen Fernsehsender dazu angehalten, 50% Filme zu zeigen, die europäischen Ursprungs sind. Ein ähnliches Regelungsschema soll nun neu auch für Streamingdienste und ausländische Fernsehsender, mit Werbeblöcken die sich an das Schweizer Publikum richten, übernommen werden. Das gleiche Schema also, bloss mit zum Teil anderen Zahlen: Copy & Paste mit Anpassungen.

Was will das revidierte Filmgesetz?

Mit den Änderungen sollen neuerdings in- und ausländische Streamingdienste sowie ausländische Fernsehsender mit Werbefenstern, die sich explizit an das Schweizer Publikum richten, Abgaben leisten. Sie müssten 4% ihres in der Schweiz erwirtschafteten Umsatzes ins Schweizer Filmschaffen investieren. Zudem wären die Streamingdienste dazu verpflichtet, eine europäische Inhaltsquote von 30% zu erfüllen. Das Gesetz enthält noch weitere Anpassungen, die jedoch kaum umstritten sind.
Würde diese Neuregelung auch kleine Unternehmen treffen? Im Abstimmungstext ist klar festgehalten, ab welchen Schwellenwerten ein Unternehmen betroffen ist. Zeigt beispielsweise ein Fernsehsender in einem Jahr weniger als 12 Filme und hat einen kleineren Umsatz als 2.5 Millionen Franken pro Jahr, dann entfällt die Investitionspflicht. Mit den gleichen Schwellenwerten ist die europäische Inhaltsquotenpflicht geregelt. Sind die Schwellenwerte nicht erreicht, dann entfällt auch hier die 30%-Quote.

Dass sich Fehler ins Abstimmungsbüchlein schleichen, das gibt es hin und wieder. So deckte das SRF am 8. April in der Abstimmungs-Arena zum Filmgesetz auf, dass eine Grafik im Abstimmungsbüchlein nicht korrekt dargestellt ist. Es handelt sich um die Karte in der diejenigen europäischen Länder eingefärbt sind, die eine Investitions- oder Abgabepflicht kennen. Es wurden fälschlicherweise 19 Länder eingefärbt, doch in Wahrheit sind es bloss 13 Länder, die eine Investitions- und Abgabepflicht kennen.
Die Reaktion vom Nein-Komitee folgte prompt. Weil die Informationen irreführend seien, hat das Referendumskomitee in vier Kantonen Beschwerde eingereicht. Sie bezichtigen den Bundesrat, falsche und widersprüchliche Angaben zu veröffentlichen. Konfrontiert mit der Beschwerde, veranlasste die Bundeskanzlei eine Korrektur und Präzisierung der Karte. Diese findet man nun auf der Website des Bundesrates als gekennzeichnete PDF-Version. An der Gültigkeit der Abstimmung dürfte die Beschwerde jedoch kaum etwas ändern, so sehen es zumindest Rechtsexpert:innen.

Was sagen die Gegner:innen?

Die Gegner:innen glauben nicht, dass mit der zusätzlichen finanziellen Unterstützung der Schweizer Filmschaffenden automatisch bessere Qualität entsteht und dadurch auch die Kultur davon profitiert. Sie sehen die Investitionspflicht für die Unternehmen viel mehr als eine Zwangsinvestition an, wodurch die Wünsche der Konsument:innen nicht mehr im Zentrum stehen würden. Philipp Eng meint: «Die Anbieter überlegen nicht mehr, was die Leute sehen wollen, sondern schauen bloss noch, was sie gesetzlich erfüllen müssen.» Das ist auch einer der Gründe, weshalb das Nein-Komitee die europäische Inhaltsquote ablehnt. Laut Philipp Eng entstehen mit der Investitionspflicht Kosten für die Anbieter, die im Endeffekt auf die Konsumierenden abgewälzt werden: «Es ist klar, wer die Kosten schliesslich tragen muss. Nämlich all diejenigen, die Netflix etc. konsumieren.»

Was meinen die Befürworter:innen?

Auf der befürwortenden Seite verweist man auf die Tatsache, dass internationale Anbieter seit Jahren hohe Umsätze am Schweizer Markt generieren. Davon würden, laut Joël Jent, jedoch keinerlei Gelder in die Schweiz fliessen: «Die internationalen Anbieter haben weder Niederlassungen noch beschäftigen sie Angestellte in der Schweiz. Sie investieren nicht in unser Land.» Aus diesem Grund brauche es diese Investitionspflicht von 4%. So würden vermehrt Schweizer Produktionen produziert, wodurch neue Stellen geschaffen würden und junge Talente mehr Chancen zum Mitspielen bekommen. Für Joël Jent ist klar, um den Filmstandort Schweiz zu fördern, müsse man am 15. Mai ‹Ja› stimmen: «Ein ‹Ja› schafft Schweizer Arbeitsplätze und ermöglicht Schweizer Geschichten weit reisen zu können. Zudem ist der Film eine Visitenkarte für unser Land.»

Die Haltung des Bundesrats und des Parlaments

Bundesrat und Parlament empfehlen am 15. Mai an der Urne ein ‹Ja› für die Änderung des Filmgesetzes einzuwerfen. Im Nationalrat waren 124 Mitglieder dafür, 67 dagegen. Im Ständerat sprach sich ebenfalls eine Mehrheit von 32 zu 9 Stimmen für die Änderung des Filmgesetzes aus.

Erstellt von Manuel Bucher