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19. Januar 2022

Wir stimmen ab: Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben

Im Februar wird über vier Vorlagen abgestimmt – eine davon ist die Gesetzesänderung über Stempelabgaben. Durch die Gesetzesänderung sollen Unternehmen in der Schweiz keine Emissionsabgaben mehr auf Eigenkapital bezahlen und so finanziell entlastet werden. Was das bedeutet, hat Discuss it mit Stephanie Gartenmann (JSVP) und Flavien Gousset (SP) diskutiert.

Bei Eigenkapital, Stempelsteuern und Emissionsabgaben verstehst du nur Bahnhof? Discuss it hilft dir, die Vorlage zur Gesetzesänderung über die Stempelabgaben zu verstehen, indem wir dir die wichtigsten sechs Fragen dazu beantworten!

Was ist Eigenkapital?

Um Waren und Dienstleistungen zu produzieren, brauchen Unternehmen Geld, das sie beispielsweise in Rohmaterial, Maschinen oder Löhne investieren. Dieses Geld kann aus zwei möglichen Quellen stammen: Fremd- oder Eigenkapital. Fremdkapital ist Geld, das eine Firma nur geliehen hat und später zurückbezahlen muss; beispielsweise ein Kredit einer Bank. Eigenkapital ist Geld, das die Firma nicht zurückzahlen muss und das ihr unbefristet zur Verfügung steht.

In den meisten Fällen wird Eigenkapital über Aktien beschafft. Dabei gibt die Firma Anteilsscheine aus, die an der Börse gekauft werden können. Wenn jemand einen solchen Anteilsschein kauft, wird diese Person zu einem Aktionär oder einer Aktionärin der Firma. Sie darf damit an der Hauptversammlung abstimmen, erhält Informationen über das Unternehmen und oftmals werden auch Gewinne einer Firma an die Aktionär:innen ausgeschüttet. Im Gegenzug dafür darf das Unternehmen das Geld für den Anteilschein als Eigenkapital behalten und investieren.

Was sind Stempelabgaben?

Es gibt drei Arten von Stempelabgaben, die Unternehmen in der Schweiz bezahlen müssen: Emissionsabgaben auf Eigenkapital, Umsatzabgaben und Abgaben auf Versicherungsprämien. In der Abstimmung am 13. Februar geht es aber nur um die erste Art, um die Emissionsabgaben. Durch sie nimmt der Bund pro Jahr rund 250 Millionen Franken an Steuern ein.

Die Emissionsabgabe muss bezahlt werden, wenn ein Unternehmen neues Eigenkapital beschafft, indem es beispielsweise mehr Aktien ausgibt. Die Steuer beträgt ein Prozent des neu aufgenommenen Kapitals, muss aber erst auf Beträge über einer Million Franken bezahlt werden. Gibt ein Unternehmen also zum Beispiel Anteilscheine im Wert von 1.7 Millionen Franken aus, dann bezahlt es eine Steuer von einem Prozent auf 700’000 Franken (das sind 7’000 Franken Steuer). Die Gesetzesänderung, über die am 13. Februar abgestimmt wird, will diese Emissionsabgabe abschaffen.

Wer bezahlt Emissionsabgaben?

Da der Freibetrag von einer Million Franken relativ hoch angesetzt ist, sind es in der Regel nur mittlere und grössere Unternehmen, die diese Steuer bezahlen müssen. Kleine Firmen bezahlen hingegen meist keine Emissionsabgaben. Allerdings sind auch diejenigen Start-ups, die rasch wachsen und eine Menge Eigenkapital benötigen, von den Emissionsabgaben betroffen. Im Jahr 2020 haben insgesamt etwa 2’300 Unternehmen Emissionsabgaben bezahlt. Dabei stammte etwas mehr als die Hälfte aller Steuereinnahmen von lediglich 55 Firmen.

Was sind die Argumente der Befürwortenden?

Die Befürwortenden der Gesetzesänderung – Politiker:innen der GLP, Mitte, FDP und SVP – wollen durch die Abschaffung der Emissionsabgabe den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken. Sie hoffen, Unternehmen zu entlasten und Neugründungen von Firmen zu fördern. «Diese Steuer trifft vor allem Start-ups. Diese sind stark darauf angewiesen, ihr ganzes Geld investieren zu können. Wenn wir sie in ihrer Investitionsfähigkeit hindern, dann ist das schlecht für unseren Wirtschaftsstandort Schweiz», so Stephanie Gartenmann (JSVP) aus dem Ja-Komitee. Die Befürwortenden glauben, dass durch die Abschaffung der Emissionsabgabe mehr Unternehmen in die Schweiz kommen und neue Arbeitsplätze schaffen würden.

Der Verlust von 250 Millionen Franken Steuereinnahmen erscheint den Befürwortenden dabei relativ klein. «Der Vorteil ist auch, dass, wenn ein Unternehmen mehr Geld für Investitionen zur Verfügung hat, es dann mit diesem Geld höhere Gewinne erzielt und darauf mehr Gewinnsteuern bezahlt. Dadurch kann der Verlust des Bundes wieder gedeckt werden», so Stephanie Gartenmann.

Was sind die Argumente der Gegner:innen?

Die Gegner:innen der Gesetzesänderung – insbesondere die SP, die Grünen und die EVP –  finden, dass die finanzielle Entlastung den falschen Gruppen zugute käme. «Diese Steuer bezahlen vor allem mittlere und grosse Unternehmen. Zu sagen, dass die Abschaffung dieser Steuer vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommt, ist gegenüber den 599’000 KMU, die von dieser Steuerabschaffung nicht profitieren, unfair», so Flavien Gousset (SP) aus dem Nein-Komitee. Die Gegner:innen glauben auch nicht, dass die Abschaffung der Emissionsabgaben neue Unternehmen in die Schweiz locken würde, denn diese sei für Kapitalgeber:innen bereits jetzt sehr attraktiv.

Zudem kritisieren die Gegner:innen, dass durch die Gesetzesänderung die Steuerlast von den Unternehmen auf die Bevölkerung abgewälzt würde. «Wenn man Steuergeschenke an grosse Unternehmen verteilt, muss das Geld auf der anderen Seite wieder jemand bezahlen. Seit den 1990er Jahren sind Konzerne um etwa fünf Milliarden entlastet worden, die sie pro Jahr weniger an Steuern bezahlen. In derselben Zeit stieg die Steuerlast für normale Personen um fünf Milliarden an. In diese Richtung darf es nicht weitergehen», so Flavien Gousset.

Was sagen der Bundesrat und das Parlament?

Der Bundesrat und das Parlament befürworten die Vorlage und empfehlen, sie anzunehmen. Im Nationalrat haben 120 Politiker:innen für die Abschaffung der Emissionsabgabe gestimmt, 70 waren dagegen. Im Ständerat haben 29 Politiker:innen für die Abschaffung und 14 dagegen gestimmt.

Und jetzt du!

Stärkt die Abschaffung der Emissionsabgaben den Wirtschaftsstandort Schweiz oder wird dadurch die Steuerlast von grossen Unternehmen auf die Bevölkerung abgewälzt? Schreib uns deine Meinung in die Kommentare und stimm am 13. Februar ab!

Erstellt von Alina Zumbrunn