23. Juli 2024
So stimmst du richtig ab
Im Kanton Zug muss eine Abstimmung wiederholt werden, weil die Stimmen falsch ausgezählt wurden. Der Vorfall zeigt: Beim Ausfüllen des Stimmmaterials tauchen immer wieder Schwierigkeiten und Fragen auf. Discuss it erklärt dir deshalb heute alles, was du für deine erste Abstimmung oder Wahl wissen musst.
Wo lag im Kanton Zug das Problem?
Im Kanton Zug muss die Abstimmung zur Transparenz-Initiative vom Juni 2024 im September wiederholt werden. Der Grund dafür ist, dass die Stimmzettel in einigen Gemeinden falsch ausgezählt wurden. Die Initiative wurde von der Jungen Alternativen lanciert und fordert, dass politische Parteien und Organisationen im Kanton Zug ihre Spenden offenlegen müssen.
Der Kantonsrat hat zur Initiative einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, sodass im Juni 2024 über drei Dinge abgestimmt wurde: die Initiative selbst, den Gegenvorschlag und eine Stichfrage. Das bedeutet, dass die Stimmbevölkerung drei Zettel ausfüllen musste und eine Stimme nur dann gültig war, wenn alle drei Zettel abgegeben wurden. Allerdings wurden beim Auszählen auch teilweise unvollständige Stimmen gezählt, also Stimmen, bei denen nur ein oder zwei Zettel abgegeben wurden. In insgesamt sieben von elf Gemeinden sind beim Auszählen solche Fehler passiert. Da Nachzählen nicht möglich ist, muss die Abstimmung nun im September wiederholt werden.
Doch nicht nur bei den Stimmenzähler:innen sorgen die Abstimmungsunterlagen immer wieder für Verwirrung: Wer zum ersten Mal sein Stimm- oder Wahlmaterial erhält, fühlt sich beim Ausfüllen leicht überfordert. Sich in der Flut an Stimmzetteln, Umschlägen, Informationsmaterial und Parteiflyern zurechtzufinden, ist nicht immer einfach. Wir erklären dir deshalb heute, wie du deine Stimm- und Wahlzettel richtig ausfüllst.
Stimm- und Wahlzettel richtig ausfüllen
Grundsätzlich besteht Stimm- und Wahlmaterial immer aus einem anonymen und einem personalisierten Teil. Der anonyme Teil ist der Zettel, auf dem man seine Stimme abgibt. Der personalisierte Teil besteht aus dem Stimmrechtsausweis, der belegt, dass man stimmberechtigt ist. Mehr dazu findest du im nächsten Abschnitt.
Bei Abstimmungen kannst du auf dem Stimmzettel für jede Vorlage Ja oder Nein ankreuzen – in manchen Kantonen musst du das Wort auch ausschreiben. Wenn du über mehrere Vorlagen abstimmst und dich nicht bei allen entscheiden kannst, darfst du einzelne Vorlagen auch einfach leer lassen; dann wird deine Stimme bei dieser Vorlage nicht gezählt. Bei Abstimmungen findest du im Umschlag mit dem Stimmmaterial auch immer ein rotes Abstimmungsbüchlein, in dem alle Vorlagen und Argumente zusammengefasst sind. In manchen Gemeinden erhältst du zusätzlich eine Broschüre von easyvote, die speziell für junge Erwachsene entwickelt ist und die Vorlagen verständlich erklärt.
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Bei Wahlen kannst du entweder eine vorgefertigte Liste nehmen und diese direkt so verwenden oder einzelne Kandidat:innen abändern (siehe Info-Box zu Kumulieren und Panaschieren) oder du kannst den leeren Wahlzettel selbst ausfüllen.
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Wichtig: Zum Ausfüllen deines Stimm- und Wahlmaterials solltest du unbedingt schwarzen oder blauen Kugelschreiber verwenden und keine Zeichnungen oder Notizen auf dem Material verteilen, denn so könnte deine Stimme ungültig werden.
Egal ob Stimmzettel oder Wahlliste, alle Unterlagen kommen nach dem Ausfüllen in den beigelegten Umschlag ohne Sichtfenster und dieser wird zugeklebt. Falls du mehrere Stimm- oder Wahlzettel ausfüllen musst (zum Beispiel für Bund, Kanton und Gemeinde) kommen sie alle in denselben Umschlag. Dieser Umschlag wird verwendet, damit anonym bleibt, was eine Person abgestimmt hat, denn in der Schweiz gilt das Stimm- und Wahlgeheimnis.
Zur Post, an die Urne oder doch in den Gemeindebriefkasten?
Neben dem anonymen Teil gibt es immer einen personalisierten Teil des Stimm- oder Wahlmaterials. Dieser Teil ist dazu da, um zu überprüfen, dass man stimmberechtigt ist und dass jede stimmberechtigte Person genau eine Stimme hat. Zu diesem Material gehört der Stimmrechtsausweis, auf dem deine eigene Adresse steht. Diesen musst du unterschreiben, damit der oder die Stimmenzähler:in überprüfen kann, ob du deine Stimm- und Wahlzettel auch tatsächlich selbst ausgefüllt hast.
Den Stimmrechtsausweis legst du dann zurück in den grossen Umschlag mit dem Sichtfenster, und zwar so, dass durch das Fenster die Adresse des Kantons zu lesen ist. Wenn deine eigene Adresse steht, dann landet das Stimmcouvert wieder in deinem Briefkasten. Hinter den Stimmrechtsausweis legst du den zugeklebten Umschlag, der die Stimm- und Wahlzettel beinhaltet. Dann kannst du den grossen Umschlag ebenfalls zukleben. Nun musst du dich nur noch entscheiden, wie du deine Stimme zur Gemeinde bringen willst: Via Post, im Gemeindebriefkasten oder doch an die Urne?
In einigen Kantonen wird der Rücksendeumschlag vorfrankiert, dann kannst du das Couvert einfach in den nächsten Briefkasten werfen – wichtig dabei ist lediglich, dass du dies genügend früh tust! Die letzten Fristen sind für A-Post der Donnerstag, für B-Post der Dienstag vor der Abstimmung oder Wahl. In anderen müssen die Stimmenden das Porto selbst bezahlen. Falls du das nicht möchtest, kannst du den Umschlag auch direkt in den Gemeindebriefkasten werfen. Oder du gehst am Sonntag an die Urne und wirfst deine Stimm- und Wahlzettel dort ein, nachdem du deinen Stimmrechtsausweis vorgezeigt hast. Wo dein nächster Gemeindebriefkasten oder deine nächste Urne zu finden ist, steht normalerweise im Stimm- oder Wahlmaterial.
Noch mehr Informationen dazu, wie du Stimm- und Wahlzettel richtig ausfüllst, findest du hier.
Im Kanton Zug kam es zu Unstimmigkeiten bei einem direkten Gegenvorschlag zu einer Initiative. Ein direkter Gegenvorschlag bedeutet, dass das Parlament ein alternatives Gesetz macht mit einem Gegenvorschlag zu dem, was die Initiative fordert. Die Bevölkerung kann dann sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag annehmen oder ablehnen. Ausserdem muss man angeben, was man bevorzugt, falls sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag angenommen werden.
Neben den direkten Gegenvorschlägen – über die man zusätzlich zur Initiative abstimmen darf – gibt es auch indirekte Gegenvorschläge. Das sind Gesetze, Beschlüsse oder Verordnungen, die das Parlament als Alternative zur Initiative vorschlägt, über die nicht abgestimmt wird. Meistens treten sie aber automatisch in Kraft, wenn eine Initiative zurückgezogen oder durch die Bevölkerung abgelehnt wird.
Manchmal kann man seine Meinung gebildet haben, aber trotzdem nicht sicher sein, was man nun ankreuzen muss, da die Fragen so kompliziert gestellt sind. Grundsätzlich kann die Bevölkerung über zwei Sachen abstimmen: Initiativen und Referenden. Eine Volksinitiative bedeutet, dass die Bevölkerung eine Änderung in der Bundesverfassung vorschlagen kann, ein Referendum kann ergriffen werden, wenn die Bevölkerung mit einem Gesetz des Parlaments nicht einverstanden ist. Bei Verfassungsänderungen kommt es sogar automatisch zu einer Abstimmung, das heisst dann obligatorisches Referendum.
Möchte man einer Initiative bzw. dem darin vorgeschlagenen Verfassungsartikel zustimmen, muss man Ja stimmen, weil man den Artikel annehmen möchte. Möchte man aber einem Referendum zustimmen (also dem Einspruch gegen ein Gesetz), muss man Nein stimmen, denn: Der Stimmzettel fragt danach, ob man dem Gesetz zustimmen möchte, gegen das ein Referendum ergriffen wurde.
Bei Wahlen gibt es pro Partei eine vorgefertigte Liste. Ausserdem liegt dem Wahlmaterial eine leere Liste bei, die man selbst ausfüllen kann. Wenn man mit einer Liste fast einverstanden ist und nur kleine Änderungen daran vornehmen möchte, kann man Stimmen kumulieren oder panaschieren. Dazu kannst du handschriftlich Personen auf der Liste durchstreichen und ersetzen.
Beim Kumulieren schreibt man den Namen eines Kandidaten oder einer Kandidatin zwei Mal auf die Wahlliste, damit diese Person zwei Stimmen erhält. Wichtig dabei ist: Man darf pro Kandidat:in höchstens zwei Stimmen geben.
Beim Panaschieren streicht man eine Person auf der Wahlliste durch und ersetzt sie durch eine Person aus einer anderen Partei. Dann verliert die Partei, der die Liste gehört, eine Stimme, die stattdessen an die Partei der neu aufgeschriebenen Person geht.
Ein Blick in die Geschichte
Das Schweizer System sorgt dafür, dass man sich anonym an der Politik beteiligen und eine eigene Meinung bilden kann. Dazu gehört auch, dass die Stimm- und Wahlzettel neutral ausgestaltet sind. Das war aber nicht in allen Systemen immer so: 1938 wurde beispielsweise in Österreich darüber abgestimmt, ob sich das Land dem Deutschen Reich unter der Herrschaft Adolf Hitlers anschliessen soll. Auf dem Stimmzettel war das Ja-Feld mittig positioniert und viel grösser als das Nein-Feld, das in die rechte untere Ecke geschoben wurde.
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Zurück nach Zug
Der Fall der Zuger Transparenz-Initiative verdeutlicht, dass bereits kleine Fehler wie das Zählen unvollständiger Stimmzettel weitreichende Auswirkungen haben können. Es liegt allerdings nicht nur an den Stimmenzähler:innen: Jede:r Einzelne kann dazu beitragen, das Stimm- und Wahlmaterial korrekt auszufüllen.
Mit diesem Wissen bist du nun gut gerüstet, um an der nächsten Abstimmung oder Wahl teilzunehmen. Achte darauf, alle Schritte aufmerksam zu befolgen, um sicherzustellen, dass deine Stimme zählt. Viel Erfolg!
Erstellt von Alina Zumbrunn