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15. September 2021

Heute feiern wir die Demokratie!

Der 15. September ist der Internationale Tag der Demokratie. Discuss it hat Demokratieexpertin Carol Schafroth gefragt, ob die Demokratie das beste und fairste politische System ist, warum wir ihr Sorge tragen müssen und welche Rolle die Jugendlichen dabei spielen.

Die demokratischen Grundsätze fördern und verteidigen: Dieses Ziel steht am Tag der Demokratie im Zentrum. 2007 haben die Vereinigten Nationen (UN) den 15. September zum Internationalen Tag der Demokratie erklärt. Das Leben in einer Demokratie erscheint uns oft selbstverständlich – ebenso wie damit verbundene Rechte und Freiheiten: der Schutz der Menschenwürde, die Meinungs-, Versammlungs-, Religions- und Pressefreiheit oder das Wahlrecht. Dass dies jedoch alles andere als selbstverständlich ist, hat uns die Corona-Pandemie empfindlich wieder vor Augen geführt. Auf der ganzen Welt wurden im Zuge der Pandemiebekämpfung demokratische Prozesse und Freiheiten eingeschränkt.

Darauf spricht UN-Generalsekretär António Guterres in seiner Botschaft zum Tag der Demokratie 2021 an: «Wir müssen die Lehren aus der Coronapandemie ziehen, um die Belastbarkeit der Demokratie für künftige Krisen zu stärken.» Erstens müsse man gute Führungspraktiken in Notsituationen entwickeln. Zweitens gelte es die globalen Ungerechtigkeiten anzugehen, die von der Pandemie offengelegt wurden. Und drittens müsse man Menschen und Gemeinschaften, die traditionellerweise ausgeschlossen wurden, eine echte Stimme geben – auch im Rahmen friedlicher Proteste, so Guterres. Sein Aufruf zum Tag der Demokratie lautet: «Lasst uns die Grundsätze der Gleichheit, Partizipation und Solidarität schützen und bewahren!»

Ein Aufruf, dem sich Carol Schafroth anschliesst. Als Geschäftsführerin des Campus für Demokratie ist Schafroth dafür mitverantwortlich, dass der Tag der Demokratie auch in der Schweiz gefeiert wird. Aus diesem Anlass hat Discuss it sie zum Thema Demokratie befragt. 

 

Discuss it: Wie würden Sie die Demokratie definieren? 

Carol Schafroth: Die Demokratie ist eine Herrschaftsform, bei der das Volk das Sagen hat. Damit die Demokratie funktioniert, muss sie aber auch in unserer Gesellschaft und im täglichen Zusammenleben verankert sein.

 

Was braucht es dazu konkret? 

Uns alle! Wir müssen uns um die Demokratie kümmern, nach Lösungen suchen, Ideen eingeben, mitdiskutieren, einander zuhören, andere Meinungen akzeptieren und Kompromisse finden. Darüber hinaus braucht es einige Menschen, die sich besonders engagieren, die ein aktives Amt übernehmen oder sich beispielsweise im Journalismus engagieren.

 

Welche Rolle spielen darin die Jugendlichen, die (noch) nicht mitbestimmen können? 

Ich würde nicht sagen, dass Jugendliche nicht mitbestimmen können. Viele politische Engagements kennen keine Altersgrenzen. Sei es, indem man nur nachhaltige Kleidung kauft, auf den Sozialen Medien zu politischen Themen mitdiskutiert, politische Parolen an die Wände sprayt, wobei letzteres an den meisten Orten nicht legal ist. Man kann sich aber auch bei einer Gewerkschaft, einem Interessenverband oder in einer Partei engagieren. Wie man in den letzten Jahren gesehen hat, kann man auch unter 18 viel bewegen, schliesslich haben Jugendliche das Klimathema auf’s politische Parkett gebracht.

 

Ist die Demokratie das beste und fairste politische System, das es gibt?

Ich finde die Demokratie ein tolles System, weil wir die Verantwortung tragen, uns jederzeit einbringen und die Regeln unseres Zusammenlebens neu aushandeln können. Klar wäre es manchmal toll, wenn man einfach über einen bösen Diktator wettern könnte, wenn etwas nicht so läuft, wie man möchte. Sich einzubringen ist ja auch mit Anstrengungen verbunden.

Dass die Demokratie immer fair ist, würde ich nicht sagen. Auch wenn wir bei uns Wert auf Minderheiten legen. In der Theorie gibt es aber fairere Systeme. Wenn man etwa im Bundeshaus aktiv Politik machen möchte, braucht man neben dem richtigen Alter und Pass auch gewisse finanzielle Ressourcen, ein Netzwerk und Kompetenzen wie Rhetorik. Da haben nicht alle die gleichen Chancen.

 

Besonders seit dem Ausbruch der Coronapandemie hört man immer wieder, die Demokratie sei in Gefahr. Finden Sie diese Sorge berechtigt oder übertrieben? 

Ich glaube, manche Leute wurden durch die Pandemie sogar politisiert. Es hat ja einige neue Bewegungen gegeben, und die meisten von uns haben wahrscheinlich noch nie erlebt, dass das Notrecht zum Einsatz kam. Auch die Grenzen des Föderalismus wurden aufgezeigt. Da haben wir alle etwas gelernt. Was sich aber verschärft hat, ist der Ton, wie wir miteinander reden, das müssen wir verbessern.

 

Welche Gefährdungen sehen Sie für die Demokratie? 

Also vorab, ich sehe die Demokratie nicht in Gefahr, sie ist nie perfekt und auch nicht selbstverständlich. Vielmehr ist sie ein Ideal, nach dem wir streben. Aber wir müssen schon aufpassen, dass wir einander zuhören, uns gegenseitig zu verstehen versuchen oder zumindest Andersdenkende auch zu akzeptieren. Auch der Rückgang der Medienvielfalt macht mir Sorgen.

 

Was ist gegen diese Gefahren zu tun? 

Wir müssen die Demokratie pflegen, sie feiern, darüber nachdenken, sie weiterentwickeln und uns Demokratiekompetenzen aneignen. Aus diesem Grund hat der Campus für Demokratie ab diesem Jahr aufgerufen, den Internationalen Tag der Demokratie am 15. September zu feiern und freuen uns sehr, dass Discuss it mit so vielen Aktionen dem Aufruf gefolgt ist. Genau das braucht es: Engagierte Menschen, die sich für die Demokratie einsetzen!

Erstellt von Ann-Kathrin Amstutz