Blog
16. Februar 2021

Freihandelsabkommen mit Indonesien und Nachhaltigkeit – geht das?

Wirtschaft, Handel, Globalisierung und Nachhaltigkeit – dies soll mit dem neuen Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien verbessert werden. Mit diesem Abkommen würde Pionierarbeit geleistet, denn bisher hat die Schweiz noch kein Freihandelsabkommen abgeschlossen, welches auch die Nachhaltigkeit berücksichtigt. Laut Gegner_innen der Initiative sei dies jedoch reines «Greenwashing»: so seien die Nachhaltigkeitsbemühungen zwar schön auf dem Papier, würden aber nicht wirklich etwas ändern. Sind diese also ‚besser als nichts‘? ‚Unzureichend‘? ‚Genau richtig‘? Die Debatte rund um die Initiative dreht sich fast ausschliesslich um die Nachhaltigkeit. So auch bei Julia Küng, Co-Präsidentin Junge Grüne Schweiz und Sarah Bünter, Präsidentin Junge Mitte Schweiz, welche am Discuss it Digital-Podium über die Initiative diskutierten.

Am 7. März 2021 wird in der Schweiz abgestimmt. Unter anderem entscheiden wir uns dann auch bezüglich eines neuen Freihandelsabkommen mit Indonesien. 
Im Jahre 1954 wurde zwischen der Schweiz und Indonesien ein Handelsabkommen unterzeichnet. Auch mit anderen Ländern hat die Schweiz etliche Handelsabkommen. Dabei geht es generell um einen Vertrag zwischen zwei Ländern bezüglich ihres Aussenhandels – also dem Import und Export von Waren. Weiter erleichtern solche Abkommen auch beispielsweise Zollkontrollen. 

Ein Freihandelsabkommen geht dabei noch einen Schritt weiter: Hier verzichten beide Länder auf Handelshemmnisse und bestimmen oft noch weitere Zollreduktionen. Dadurch wird der Zugang zu den jeweils anderen Wirtschaftsräumen geöffnet und der Handel erleichtert.
Ein solches Abkommen soll nun mit Indonesien geschlossen werden. Falls dieses nun durch eine Annahme der Vorlage zustande käme, könnten Industrieprodukte künftig zollfrei exportiert und importiert werden und landwirtschaftliche Produkte würden ihrerseits von tieferen Zollgebühren profitieren. Ein weiterer Teil des Abkommens, und gleichzeitig der am meisten diskutierte, ist die Nachhaltigkeitsklausel. Diese bestimmt, dass mithilfe von Kontrollmechanismen die nachhaltige Produktion gefördert werden soll – speziell beim grossen Thema des Palmöls.
Die Befürwortenden des Abkommens sehen dessen Vorteile in der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, dem erleichterten Zugang der Schweiz zum Wirtschaftsraum Indonesien, der Verbesserung des Wohlstandes in beiden Ländern und in den Nachhaltigkeitsbemühungen speziell bezüglich des Abbaus von Palmöl. Fünf der acht grössten Parteien der Schweiz formulieren eine Ja-Parole zur Initiative: die GLP, die Mitte, die FDP, die SVP und die EDU. 
Ganz anders sehen das die Grünen, die SP und die EVP: Sie argumentieren, dass der Abbau von Palmöl generell mit Ausbeutung und Umweltzerstörung verbunden sei und dieser durch die Zollreduktion nur weiter angekurbelt würde. Ausserdem würde das Abkommen sowohl den Kleinbauern aus Indonesien als auch dem Absatz des Schweizerischen Pflanzenöls schaden.
 
Die Debatte dreht sich also mehrheitlich um die Nachhaltigkeitsklausel sowie den Abbau von Palmöl. Dies konnte man auch beim Discuss it Digital-Podium erkennen. Dabei diskutierten Sarah Bünter, Präsidentin der Junge Mitte Schweiz, welche sich für das Abkommen stark macht, und Julia Küng, Co-Präsidentin der Junge Grüne Schweiz, die gegen das Abkommen argumentiert.
Ein positiver Schritt in die richtige Richtung
Damit betont Sarah Bünter die Pionierarbeit, welche mit der Nachhaltigkeitsklausel erreicht wurde. Es sei das erste Mal, dass solche Bemühungen überhaupt in einem Freihandelsabkommen festgelegt werden. Damit könne aufgezeigt werden, in welche Richtung der Handel in Zukunft gehen soll.
Mit dem Vertrag, welcher bei der Annahme der Vorlage geschlossen werden würde, erhofft sich die Präsidentin der Jungen Mitte Schweiz ausserdem, dass die Schweiz einen positiven Effekt auf die Umwelt und die Menschenrechte in Indonesien haben kann – und so auch einen Wandel ankurbeln kann.
In den Medien wurde unter anderem angezweifelt, ob die inkludierten Kontroll- und Sanktionsmechanismen für den Import aus Indonesien tatsächlich funktionieren würden. Bünter beteuert, dass dies durch innerstaatliche Massnahmen der Fall sein werde. Auch Julia Küng greift diesen Kritikpunkt auf. 

«Die Absichten dahinter sind die Richtigen – es funktioniert einfach nicht so»
Die Jungpolitikerin der Jungen Grünen Schweiz lobt die Bemühungen der Initiative. Gemäss ihrer Ansicht wurde zwar vielleicht versucht, die Nachhaltigkeit mit einzubeziehen, es habe aber leider einfach nicht wirklich geklappt. 
Nun werde das Freihandelsabkommen durch eine Nachhaltigkeitsklausel attraktiver gemacht, welche nicht sattelfest sei. Das sei Greenwashing, so Julia Küng. Man versuche also das Abkommen gerade etwas ‚grüner‘ darzustellen, als es tatsächlich sei.
Ein grosser Dorn im Auge ist für Küng auch das Label, welches die Einhaltung der Nachhaltigkeitsbestimmungen überprüfen soll. Das Roundtable on Sustainable Palm Oil (kurz RSPO) Label sei laut ihr ‚zweifelhaft‘ und habe in der Vergangenheit schon oft in Kritik gestanden.
Die Initiative rühme sich also ungerechtfertigt für Nachhaltigkeit, so Julia Küng. Denn neben der unzureichenden Nachhaltigkeitsklausel schade das Abkommen zusätzlich auch dem Klima. Der Vertrag würde durch die geringeren Zölle sowohl den Handel als auch den Konsum ankurbeln – und Indonesien sei nunmal nicht gerade ‚um die Ecke‘. Dies würde Transport via Flugzeug oder Schiff bedeuten, was beides der Umwelt schade. Man müsse sich also auch aus einer Klimaperspektive fragen, wieso man den Handel intensivieren muss. 
«Man kann die Globalisierung nicht einfach stoppen», kontert Sarah Bünter. Es gehe darum, nachhaltige Globalisierung voranzutreiben.

Der Handel mit Palmöl
Das Thema Palmöl wurde im Zuge der Debatte stark diskutiert. Palmöl wird unter anderem in Indonesien hergestellt und abgebaut. Dabei leiden vermehrt der Urwald und die darin lebenden Tiere darunter. Mit dem Freihandelsabkommen werden die Zollgebühren für den Import von Palmöl um 20-40% gesenkt. Hingegen soll durch die Nachhaltigkeitsklausel sichergestellt werden, dass die Reduktion nur für Palmöl gilt, welches nachhaltig produziert wurde. Also ohne Urwald zu zerstören und unter fairen Arbeitsbedingungen.

Sarah Bünter betont, dass extra eine Beschränkung der Import-Menge von Palmöl auf 22 Tonnen festgelegt wurde. Bis zu dieser Menge kann nämlich sichergestellt werden, dass das Palmöl nachverfolgt werden kann und somit ob die Bestimmungen tatsächlich eingehalten wurden.

Julia Küng fragt sich hierbei, wieso man denn nicht einfach alleinig auf pflanzliche Öle aus der Umgebung setze – um so auf Palmöl zu verzichten? Sie gibt sich mit den Argumenten der Befürwortenden nicht zufrieden. Es gäbe gemäss der Jungen Grünen Politikerin nämlich kein wirklich nachhaltiges Palmöl. Heutzutage würde in Indonesien pro Stunde eine Urwaldfläche von 100 Fussballfeldern verschwinden, so Küng. Und das wegen des Palmöls. 
Ausserdem gäbe man dem Palmöl einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber heimischen Ölen. Das setze die lokale Landwirtschaft unter Druck.
 
«Wenn es der Landwirtschaft so schaden würde, dann hätte der Schweizer Bauernverband sicher keine Ja-Parole beschlossen», meint Sarah Bünter dazu. Es sei logischerweise wichtig, dass die Schweizer Landwirtschaft neue Innovationen hervorbringt um Öle wie Palmöl zu ersetzen, aber an diesem Punkt seien wir noch nicht und wir können kein Palmöl in der Schweiz herstellen.
Der Weg zu einer nachhaltigen globalisierten Wirtschaft?

Diese Frage muss das Schweizer Stimmvolk für sich beantworten, wenn es um die Vorlage zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien geht. Die Argumente von Sarah Bünter, Präsidentin der Junge Mitte Schweiz und Julia Küng, Co-Präsidentin der Junge Grüne Schweiz, kannst du im Video nochmals nachschauen und dir für die Abstimmungen vom 7. März 2021 deine Meinung dazu bilden.
 
Alle weiteren Initiativen und worum es dabei geht findest du hier auf dem Discuss it-Blog. Zum Thema E-ID haben wir bereits einen Blog verfasst, das Verhüllungsverbot thematisieren wir nächste Woche. Folge uns dazu auf Instagram und Facebook , damit du immer auf dem aktuellsten Stand bist und dir eiine unabhängige Meinung bilden kannst.

Alle Aussagen der in diesem Artikel vorkommenden Personen findest du im Video über diesem Beitrag.



Abonniere unseren Kanal auf YouTube:
Erstellt von Xenia Müller