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10. Januar 2024

Altersvorsorge

«Altersvorsorge» mag als Thema für junge Menschen zunächst langweilig klingen, da für sie die Zeit der Rente noch weit weg liegt. Aber seit das jetzige Modell der Altersvorsorge festgelegt wurde, hat sich gesellschaftlich einiges verändert. So sorgt dieser Wandel in der Schweiz aktuell für vielseitige Rufe nach Reformen der Altersvorsorge, damit auch die jungen und zukünftigen Generationen im Alter finanziell abgesichert sind.

International gesehen gilt die Schweiz mit der Qualität und Stabilität ihres Vorsorgesystems als Vorbild. Der Mix aus Sozialversicherungen und privater Vorsorge macht´s! Jedoch hat sich die individuelle Lebensplanung und die Lebenserwartung der Menschen im Globalen Norden, so auch die der Schweizer:innen in den letzten Jahren deutlich verändert: Die Menschen leben länger, arbeiten häufiger in Teilzeit oder selbständig, gehen länger in Elternzeit … Dazu kommen in der Schweiz höhere Kosten für Wohnen und Gesundheit (Krankenkassenprämien); gleichzeitig dazu wird vieles teurer (Inflation). Und die geburtenstarken Jahrgänge kommen ins Rentenalter. Deshalb hört man in der Schweiz immer öfter, dass das Vorsorgesystem angepasst werden muss. Im Blog erfährst du mehr Infos dazu, was mögliche Reformvorschläge sind.

Wie funktioniert das Schweizer Vorsorgesystem? Das 3-Säulen-Prinzip!

Bei Invalidität (Arbeitsunfähigkeit), Todesfall oder Pensionierung sichert das 3-Säulen-Prinzip des Schweizer Vorsorgesystems dich und deine Familie finanziell ab. Dieses System ist fest in der Bundesverfassung und auf Gesetzesebene verankert. Das Wichtigste zum 3-Säulen-Prinzip in Kürze.

Jede der drei Säulen hat ihren eigenen Zweck:

1. Säule – Staatliche Existenzsicherung: Wenn du in der Schweiz wohnst oder arbeitest, bist du automatisch über den Staat (AHV und IV) versichert. Das sorgt für eine Grundrente.

2. Säule – Berufliche Vorsorge: Du und dein:e Arbeitgeber:in zahlen mit in deine Rente ein, wenn du mehr 22.050 CHF/ Jahr verdienst. Das baut auf der 1. Säule auf.

3. Säule – Private Vorsorge: Diese Säule ist freiwillig und liegt damit in deiner Verantwortung. So kannst du dich stärker absichern und deine Rente verbessern, indem du z. B. zusätzlich in die Säule 3a investierst und bei einer Bank oder einer Versicherung ein Sparguthaben anhäufst.

Welche Baustellen gibt es im Vorsorgesystem und was gibt es für Lösungsideen? 

Seit das 3-Säulen-Prinzip 1972 in der Bundesverfassung verankert wurde, hat sich viel verändert: gesellschaftlich, wirtschaftlich, politisch und demografisch. Die meisten Akteur:innen und Parteien sind sich einig, dass es im Vorsorgesystem Zeit für Updates ist. Jedoch sehen und priorisieren sie unterschiedliche Baustellen und bringen demnach auch verschiedene Lösungsansätze in die politische Debatte ein.

Bei der Renteninitiative setzen sich allen voran die Jungfreisinnigen Schweiz (JFS) und daneben auch die FDP und die Junge SVP «für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» ein. Sie kritisieren die mangelhafte, langfristige Finanzierung der AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung): Da «die Lebenserwartung steigt, kann das Rentenalter nicht einfach eine fixierte Zahl bleiben.» So fordern sie, das Rentenalter bis 2032 für beide Geschlechter auf 66 festzusetzen. Nach 2032 soll das Rentenalter dann mit der durchschnittlichen Lebenserwartung der schweizerischen Wohnbevölkerung verknüpft werden. Damit möchte man die AHV langfristig finanzieren und die Renten sichern.

Kritikerinnen wie die Grünen, GLP, die Mitte und SP befürchten jedoch, dass es dann für ältere Arbeitnehmende noch schwieriger werden würde, eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt zu finden, was zu Langzeitarbeitslosigkeit und Armut führe. Gleichzeitig fördere die Initiative auch die soziale Ungerechtigkeit, da das erhöhte Rentenalter auch Menschen betreffe, die körperlich hart arbeiten.

Also: Soll das Rentenalter auf 66 Jahre angehoben und im weiteren an die durchschnittliche Lebenserwartung gekoppelt werden? Der Bundesrat empfiehlt, die  Initiative abzulehnen.

Die Initiative für eine 13. AHV-Rente und «für ein besseres Leben im Alter» wird von den Grünen, SP und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund unterstützt. Sie zielt darauf ab, den Rentenbeziehende angesichts steigender Kosten für Miete und Gesundheit und niedriger Pensionskassenrenten (2. Säule) einen 13. Monatsbetrag auszuzahlen; also einen Zuschlag in Höhe eines Zwölftels der Jahresrente. Insbesondere Frauen erhielten kaum Renten aus den Pensionskassen, da sie jahrzehntelang in der Care-Arbeit, zum Beispiel in der Betreuung und Pflege von Kindern, jedoch nicht in der Lohnarbeit tätig waren. Die 13. AHV-Rente sei notwendig, um Altersarmut zu vermeiden, und die dafür notwendigen 5 Milliarden Franken pro Jahr sollen unter anderem aus der solidarischen Finanzierung der AHV kommen. Solidarisch meint hier, dass sich der Beitrag der Arbeitnehmenden nach der Höhe des Vermögens und/oder nach der Höhe des jährlichen Renteneinkommens orientiert.

Kritiker wie die SVP, FDP, die Mitte und GLP lehnen dies ab, da es die AHV belaste und nicht zielgerichtet und sozial sei, so werde die 13. AHV-Rente nach dem Giesskannenprinzip auch an Wohlhabende verteilt, die eine 13. AHV-Rente weniger nötig hätten.

Also: Soll die AHV 13 mal pro Jahr ausbezahlt werden? Der Bundesrat empfiehlt auch hier die Ablehnung der Initiative.

Beide Initiativen scheinen dir nicht angemessen? Braucht es neue Finanzierungsquellen? Oder eine andere Form der Umverteilung? Überleg dir selbst, welche innovativen oder alternativen Lösungen du dir für die Altersvorsorge vorstellen könntest. Zur Info: Das Parlament hat in Sachen «Altersvorsorge» letztes Jahr die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) verabschiedet. Mit der Reform soll laut Bundesrat unter anderem die Finanzierung der 2. Säule gestärkt und Menschen in Teilzeitarbeit – damit insbesondere Frauen – finanziell besser abgesichert werden. Gegen die Reform wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Deswegen werden wir im Laufe des Jahres 2024 nochmals über die Altersvorsorge abstimmen.

Während der Covid-19-Pandemie sind mehr junge Privatpersonen in den Aktienmarkt eingestiegen: Freizeitaktivitäten sind wegfallen, die Eintrittsbarrieren sind gesunken und neue Technologien haben das Investieren attraktiver gemacht:

  • Investieren und Traden ist einfacher und günstiger geworden. So kann man über Smartphone-Apps, sogenannte Neobroker, unkompliziert und kostengünstig Aktien und andere Werte handeln.
  • Investitionen in ETF, sogenannte «Exchange Traded Funds», erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Diese passiv verwalteten Fonds scheinen mit geringen Gebühren und flexiblen Bezügen attraktiver als die klassische Investition in die Säule 3a, die nur in bestimmten Fällen bezogen werden kann.
  • Auch lustige und spannende Erscheinungen mit kurzfristigen Schwankungen, wie zum Beispiel Meme-Aktien oder Kryptowährungen wie Dogecoin haben mehr Menschen dazu veranlasst sich mit Investitionen an der Börse zu beschäftigen und privat zu investieren und zu spekulieren. Egal wie du dein Geld investierst, sei vorsichtig und informiere dich gut, bevor du einen Vertrag eingehst.
  • So erhofften sich die Menschen insbesondere in dieser Krisenzeit, mit mehr Risiko grössere Gewinne zu machen.

Was haltet ihr von dieser weiteren Variante, über Investitionen in Aktien, ETFs oder Kryptowährungen finanziell einen Puffer oder sogar ein Vermögen aufzubauen? Oder nutzt ihr doch lieber die Säule 3a zur finanziellen Absicherung? Wo lohnen sich Risiken und wo ein kritischer Blick in Sachen Geldanlage? Seid ihr bei Instagram, Tiktok und Co. schonmal Influencern rund um das Thema «Geldanlage» begegnet? Und was hat Fomo «Fear of Missing Out» mit Geldanlagen an der Börse zu tun? Diskutiert Chancen und Risiken doch mal in der Klasse. Oder fragt eure Eltern, wie sie versichert sind und ob sie ihr Geld auch am Aktienmarkt anlegen und weshalb sie sich so entschieden haben?!

Was kann ich nun in 2024 konkret für meine Altersvorsorge tun?

Informiere dich weiter zur Initiative für eine 13. AHV-Rente und zur Renteninitiative, z. B. über easyvote und nimm am 3. März unbedingt an den Abstimmungen teil. Interessanter Fakt nebenbei: Junge Menschen sind u.a. in der Klimabewegung wieder stärker bei Demonstrationen, Streiks und  Boykotten politisch aktiv. Bei der formellen politischen Teilhabe wie z. B. bei Wahlen und Abstimmungen sieht das leider noch anders aus: Die jüngere Schweizer Wohnbevölkerung  nimmt im Vergleich zu älteren Menschen seltener an Abstimmungen und Wahlen teil

Das aktuelle Vorsorgesystem in der Schweiz soll sich ändern?! Es gibt kein «zu früh», wenn du deine Altersvorsorge mitbestimmen möchtest. Also ran an den Stimmzettel!

Erstellt von Judith Boll