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11. Mai 2022

Abstimmungsbarometer Mai 2022

Am kommenden Sonntag stimmen die Schweizer:innen über drei nationale Referenden ab: die Schweizer Beteiligung an Frontex, die Änderung des Transplantationsgesetzes und die Änderung des Filmgesetzes. Worum es in den Vorlagen geht und wie es um sie steht, erfahrt ihr im heutigen Blog.

Vor jeder Abstimmung werden zahlreiche Prognosen über ihren Ausgang erstellt. Wie diese Prognosen entstehen, hat Discuss it für euch hier zusammengefasst. Auch über die Abstimmungen nächsten Sonntag wird schon seit Monaten spekuliert. Doch worüber stimmen wir am Sonntag eigentlich ab? Und welche Vorlagen werden wahrscheinlich angenommen?

Referendum über die Schweizer Beteiligung am Ausbau von Frontex

Frontex ist die Bezeichnung für die europäische Agentur für Grenz- und Küstenwoche. Sie wurde 2004 gegründet, um die Schengen-Aussengrenzen zu schützen. Seit 2011 beteiligt sich auch die Schweiz als Schengen-Mitglied an Frontex. Nun hat die EU beschlossen, die Grenz- und Küstenwache auszubauen und Bundesrat und Parlament wollen sich an diesem Ausbau mit insgesamt 317 Millionen Franken beteiligen. Gegen diese Beteiligung ist das Referendum ergriffen worden, denn immer wieder werden Frontex Vorwürfe gemacht, dass sie die Flüchtenden misshandeln und Menschenrechtsverletzungen begehen. Zudem  Die Befürwortenden fürchten hingegen, dass die Schweiz bei einem Nein aus dem Schengen-Verbund ausgeschlossen werden könnte. Mehr Argumente findest du hier.

Zurzeit sieht es aus, als würde das Referendum gegen den Frontex-Ausbau nicht durchkommen. Ende April haben 45 Prozent der durch gfs.bern Befragten angegeben, sicher für die Beteiligung der Schweiz an Frontex zu stimmen, und weitere 24 Prozent sind eher dafür. Ganz sicher gegen Frontex planen lediglich 15 Prozent zu stimmen und zehn weitere Prozent sind eher dagegen. Die Unterstützung für die Schweizer Beteiligung an Frontex variiert zwar über Parteigrenzen und Altersklassen hinweg, insgesamt findet sich aber in allen Parteien und bei allen Altersgruppen eine Mehrheit für die Vorlage. Die Umfragen deuten also auf ein Ja zur Frontex-Finanzierung.

Änderung des Transplantationsgesetzes

Bundesrat und Parlament haben beschlossen, beim Transplantationsgesetz von einer erweiterten Zustimmungs- auf eine erweiterte Widerspruchslösung zu wechseln.  Das bedeutet, dass bei Organspenden neu prinzipiell alle Menschen Spender:innen wären, wenn sie eine Spende nicht explizit ablehnen, wobei die Rolle der Angehörigen weiterhin gegeben wäre. Aus ethischen und rechtlichen Bedenken hat ein Komitee das Referendum gegen die Gesetzesänderung ergriffen. Sie finden, dass es die Grundrechte verletzt, wenn bei der Organspende prinzipiell von einer Zustimmung ausgegangen wird und die Menschen nicht mehr explizit nach ihrer Spendenbereitschaft gefragt werden. Mehr zu dieser Vorlage findest du hier.

Auch beim Transplantationsgesetz sieht es im Moment schlecht aus für das Referendumskomitee. 49 Prozent der Befragten waren sich Ende April bereits sicher, das Gesetz annehmen zu wollen, und weitere zwölf Prozent waren eher dafür. 30 Prozent der Befragten waren sich hingegen sicher, das neue Transplantationsgesetz ablehnen zu wollen, und weitere sieben Prozent waren eher dagegen. Besonders gross ist die Ablehnung bei den Anhänger:innen der SVP: nur 34 Prozent planen, das Gesetz anzunehmen.

Änderung des Filmgesetzes

Die Änderung des Filmgesetzes hat zum Ziel, Streamingdienste wie Netflix oder Disney+ und ausländische Fernsehsender wie RTL oder Pro7 den inländischen Fernsehsendern gleichzustellen. Damit müssten diese künftig vier Prozent ihrer Einnahmen in der Schweiz in einheimisches Filmschaffen investieren. Ausserdem wären sie dazu verpflichtet, dass mindestens 30 Prozent ihrer Serien und Filme europäischen Ursprungs sind. Die Jungparteien der FDP, SVP und GLP haben gegen diese Gesetzesänderung das Referendum ergriffen. Sie glauben nicht, dass die finanzielle Unterstützung den Schweizer Filmen etwas bringen würde, und fürchten zudem, dass die Streamingdienste die zusätzlichen Kosten auf ihre Konstument:innen abwälzen würden, indem sie beispielsweise die Abo-Preise erhöhten. Weitere Argumente findest du in unserem Blog-Beitrag.

Beim Referendum gegen das Filmgesetz stehen die Chancen für eine Ablehnung grösser als bei den anderen beiden Vorlagen, wobei der Trend aber auch hier eher auf ein Nein hindeutet. 30 Prozent der Befragten waren sich Ende April sicher, das Gesetz abzulehnen, weitere elf Prozent tendierten ebenfalls zu einer Ablehnung. Dem gegenüber stehen 37 Prozent, die die Gesetzesänderung sicher annehmen wollen, und 19 Prozent, die ebenfalls eher dafür sind. Die Zustimmung ist somit etwas tiefer als im Mai, als sich noch 59 Prozent für das Gesetz ausgesprochen hatten. Während bei der SP, den Grünen, der GLP und der Mitte nach wie vor eine Mehrheit für das Gesetz ist, ist besonders bei den Sympathisant:innen der FDP die Zustimmung zum Filmgesetz stark eingebrochen. Doch auch die Anhänger:innen der SVP sind klar dagegen. Ob sie den Ausgang der Abstimmung doch noch drehen können, wird sich am Sonntag zeigen.

Und jetzt du!

Ungefähr die Hälfte aller Referenden in der Schweiz wird erfahrungsgemäss angenommen. Dies liegt auch daran, dass das Ständemehr im Gegensatz zu Volksinitiativen bei Referenden keine Rolle spielt. Doch für die Referendumskomitees der drei Vorlagen, über die am Sonntag abgestimmt wird, sieht es zurzeit eher schwierig aus. Laut Prognosen steht die Schweizer Bevölkerung hinter den Entscheiden von Bundesrat und Parlament. Dennoch haben verschiedene Referendums-Abstimmung in den vergangenen Jahren gezeigt, dass der effektive Ausgang einige Male knapper war als erwartet. Wärst du mit diesen Ergebnissen zufrieden? Schreib uns deine Meinung in die Kommentare! Und falls du noch nicht gestimmt hast, kannst du dein ausgefülltes Abstimmungscouvert jetzt noch in den Gemeindebriefkasten legen oder am Sonntag an die Urne gehen.

Erstellt von Alina Zumbrunn