Blog
Blog
9. Februar 2022

Abstimmungsbarometer Februar 2022

Am Sonntag wird über vier nationale Vorlagen abgestimmt. Neben den Referenden zu den Stempelabgaben und dem Medienpaket stehen mit dem Tabakwerbeverbot und dem Tier- und Menschenversuchsverbot auch zwei Initiativen zur Debatte. Discuss it fasst für euch zusammen, welche der Vorlagen am Sonntag eine Chance haben.

Seit der Gründung der Schweizer Eidgenossenschaft mit der Annahme der Bundesverfassung 1848 wurde bis heute bereits über 225 Volksinitiativen und 200 fakultative Referenden abgestimmt. Die Erfolgschancen sehen dabei ziemlich unterschiedlich aus: Von den 225 Volksinitiativen wurden gerade einmal 24 angenommen, von den 200 fakultativen Referenden hingegen 116. Am kommenden Sonntag wird über je zwei weitere Initiativen und Referenden abgestimmt. Wie steht es um ihre Chancen, angenommen zu werden?

Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben

Wenn Firmen neue Anteilsscheine verkaufen, dann bezahlen sie auf das dadurch eingenommene Geld eine sogenannte Emissionsabgabe. Diese beträgt ein Prozent des aufgenommenen Betrags, sofern dieser grösser als eine Million Franken ist. Das Parlament will die Emissionsabgaben abschaffen, da sie nachteilig für den Wirtschaftsstandort Schweiz seien. Allerdings wurde gegen die Abschaffung das Referendum ergriffen. Die Gegner:innen finden, dass die Steuerabschaffung nur grossen Unternehmen zugute käme und der fehlende Betrag künftig von der breiten Bevölkerung bezahlt werden müsse. Mehr Argumente findest du auch in unserem Blog.

In der zweiten grossen Bevölkerungsbefragung durch gfs.bern Anfang Februar sieht es so aus, als würde die Gesetzesänderung über die Stempelabgaben eher abgelehnt werden. 35 Prozent der Befragten wollen die Abschaffung der Emissionsabgabe sicher ablehnen, weitere 18 Prozent eher. Dem gegenüber stehen 24 Prozent sichere Befürworter:innen und 15 Prozent, die eher für die Gesetzesänderung sind. Noch immer unsicher darüber, was sie stimmen werden, sind 8 Prozent der Befragten. Damit stehen die Chancen für die Gegner:innen der Abschaffung der Emissionsabgaben ziemlich gut, zumal der Anteil der Nein-Stimmenden im Vergleich zur ersten Umfragewelle gar noch etwas gewachsen ist.

Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung»

Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» will Tabakwerbung verbieten, wenn sie für Jugendliche sichtbar und zugänglich ist, beispielsweise in Kinos oder Zeitungen. Die Initiant:innen – angeführt von Gesundheitsverbänden und Ärztegesellschaften – hoffen, dass auf diese Weise weniger Jugendliche zu rauchen beginnen. Die Gegner:innen der Initiative finden hingegen, dass das Tabakproduktegesetz, das im Herbst 2021 vom Parlament angenommen wurde, schon genügend Massnahmen beinhaltet, um Jugendliche vor Tabak zu schützen, und die Initiative im Vergleich dazu zu weit gehe. Eine genauere Beschreibung der Initiative und die wichtigsten Argumente findest du auch in unserem Blog.

Während in der Schweiz bisher weniger als 11 Prozent aller Volksinitiativen angenommen wurden, sieht es für die Initiative zum Tabakwerbeverbot gut aus. 46 Prozent der Befragten gaben an, am kommenden Sonntag bestimmt ein Ja in die Urne zu legen, weitere 17 Prozent sind ebenfalls eher für die Initiative. Dem gegenüber stehen 23 Prozent sichere Gegner:innen und 12 Prozent, die eher gegen die Initiative sind. Mit nur 2 Prozent unsicheren Stimmen sind die Meinungen zum Tabakwerbeverbot somit weitgehend gefestigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» die 25. angenommene Volksinitiative in der Schweiz wird, ist also sehr hoch. Offen ist aber noch, ob die Initiative auch von einer Mehrheit der Kantone angenommen würde, da die Initiative auf dieses Ständemehr angewiesen ist. Gemäss verschiedenen Einschätzungen sieht es aber auch hier so aus, als ob die Initiative tatsächlich die nötigen Standesstimmen bekommen könnte.

Wir stimmen ab: Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot»

Die zweite Initiative, über die am Sonntag abgestimmt wird, ist das Verbot von Tier- und Menschenversuchen. Sie verlangt, dass sämtliche Versuche an Lebewesen verboten werden und dass Produkte, deren Entwicklung und Herstellung auf Tierversuchen basieren, künftig nicht mehr importiert werden. Die Initiant:innen wollen dadurch die nicht zustimmungsfähigen Tiere schützen und alternative Forschungsmethoden fördern. Die Gegner:innen der Initiative befürchten hingegen, dass ein Verbot von Tierversuchen schwerwiegende Folgen für den Schweizer Medikamentenmarkt hätte und die Schweiz vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten würde. Mehr Argumente findest du in unserem Blog.

Bereits bei der Abstimmung im Parlament hat sich mangelnde Unterstützung für die Initiative angedeutet. Sowohl im National- als auch im Ständerat hat sich kein:e einzige:r Politiker:in für das Tier- und Menschenversuchsverbot ausgesprochen. In der Bevölkerung planen immerhin 14 Prozent, die Initiative sicher anzunehmen, weitere 12 Prozent sind eher dafür. Mit 49 Prozent ist sich aber fast die Hälfte der Schweizer:innen sicher, dass sie die Initiative ablehnen wird, und 19 Prozent sind eher für die Ablehnung. 6 Prozent sind hingegen noch unentschieden. Das Tier- und Menschenversuchsverbot wird am Sonntag also kaum eine Chance haben und wohl sowohl das Stände- als auch das Volksmehr verfehlen.

Wir stimmen ab: Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien

Zuletzt wird am Sonntag auch über das Massnahmenpaket zugunsten der Medien abgestimmt. Das Paket umfasst jährlich maximal 151 Millionen Franken, mit denen die Schweizer Medienlandschaft während sieben Jahren finanziell unterstützt werden soll. Die Befürwortenden wollen auf diese Weise die Medienvielfalt erhalten, da diese wichtig für die Bevölkerung und die (direkte) Demokratie sei. Die Gegner:innen haben das Referendum ergriffen, weil sie unter anderem befürchten, dass nur die grossen Medien von den Geldern profitieren könnten. Mehr Argumente findest du im Blog von letzter Woche.

Die Abstimmung zum Medienpaket wird aller Voraussicht nach die knappste am kommenden Sonntag. Zurzeit sprechen sich 35 Prozent sicher und 14 Prozent eher gegen das Massnahmenpaket zugunsten der Medien aus, also knapp weniger als die Hälfte der Befragten. Auf der anderen Seite wollen 28 Prozent sicher und 18 Prozent eher für das Medienpaket abstimmen gehen, also auch noch keine Mehrheit. Die Gruppe derjenigen, die “ja” oder “eher ja” stimmen, ist im Vergleich zu den ersten Umfragen leicht grösser geworden. Die 5 Prozent, die sich bis zur zweiten Umfragewelle noch keine Meinung gebildet hatten, werden am Sonntag also das Zünglein an der Waage sein. Möglich ist, dass uns insbesondere beim Mediengesetz einmal mehr ein knapper und spannender Abstimmungsausgang bevor steht.

Und jetzt du!

Ob bereits entschieden oder noch alles offen – deine Stimme zählt! Denn auch wenn am Sonntag die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung anders stimmt als du, kannst du mit deiner Stimme trotzdem ein Zeichen setzen. Und vielleicht ist es auch genau dein Stimmzettel, der am Ende den Unterschied macht. Geh also am Sonntag an die Urne oder leg das ausgefüllte Abstimmungscouvert in deinen Gemeindebriefkasten.

Erstellt von Alina Zumbrunn