25. November 2024
Unser Bundesrat
Was haben Frankreich, Deutschland, die USA und Italien mit Blick auf die Regierung, was die Schweiz nicht hat? Sie haben jeweils eine einzige Person, die als Staatsoberhaupt fungiert. In der Schweiz ist dies so nicht der Fall. Hier gibt es ein sogenanntes kollektives, also gemeinschaftliches Staatsoberhaupt oder auch: der Bundesrat. Aber was macht dieser eigentlich? Wer sitzt aktuell im Bundesrat? Und was hat die Zahl sieben damit zu tun? Diesen Fragen gehen wir in diesem Blog auf den Grund.
In Deutschland ist aktuell Bundeskanzler Olaf Scholz der Regierungschef, Staatsoberhaupt ist aber Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die USA wird ab 2025 wieder durch Donald Trump als Präsident geführt und in Frankreich steht Bundespräsident Emmanuel Macron an der Spitze des Landes. Italien wird wiederum durch Staatspräsident Sergio Mattarella angeführt und Ministerpräsidentin ist Georgia Meloni. Man merkt schon: Mit den Titel und Rollen der Staatsoberhäupter läuft es auch in diesen drei grossen Nachbarländern sowie in den USA überall ein wenig anders. Eins haben diese vier Länder aber gemeinsam: Es gibt jeweils eine einzige Person, die als Staatsoberhaupt fungiert. Diese verfügt zugleich auch über mehr Entscheidungsmöglichkeiten und Macht als andere Mitglieder der politischen Systeme in diesen Ländern. In der Schweiz ist dies so nicht der Fall. Hier gibt es ein sogenanntes kollektives, also gemeinschaftliches Staatsoberhaupt, das aus mehreren Personen besteht: der Bundesrat.
Was macht der Bundesrat? Der Bundesrat…
… regiert die Schweiz und ist dabei für Gesetze und staatliche Tätigkeiten zuständig.
… setzt Gesetze um
… ist dafür verantwortlich, Gesetze umzusetzen, die zuvor vom National- und Ständerat, also der Vereinigten Bundesversammlung (= Parlament) beschlossen wurden. (Zur Erinnerung: Der Nationalrat vertritt die Bevölkerung und der Ständerat die Kantone. In diesem Blog findest du mehr zum Bikameralismus in der Schweiz.) Auch kann der Bundesrat neue Gesetze vorschlagen. Selber erlassen kann der Bundesrat aber keine Gesetze.
… plant die Legislatur
… plant die Legislatur, d. h. er legt die Ziele und Massnahmen des Bundesrates für die nächsten vier Jahre fest. Aktuell befinden wir uns in der 52. Legislaturperiode, die von 2023 bis 2027 geht.
… plant die Finanzen
… führt die Bundesfinanzen, d. h. er legt zusammen mit der Bundesversammlung das Budget für die Schweiz für die kommenden Jahre fest.
… sorgt für Sicherheit
… kümmert sich um die Sicherheit in der Schweiz. So kann der Bundesrat in dringenden Fällen, z. B. bei Naturkatastrophen oder Pandemien auch ohne Zustimmung der Bundesversammlung Verordnungen erlassen.
… fördert die Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
… pflegt die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen. So sorgt der Bundesrat dafür, dass das Bundesrecht, die Verfassungen der Kantone und die Verträge zwischen den Kantonen eingehalten werden.
… vertritt die Schweiz im Ausland
… vertritt die Schweiz im Ausland. So kann er zum Beispiel Verträge mit anderen Ländern abschliessen, solange diese auch von der Bundesversammlung für gut befunden werden.
… leitet die Bundesverwaltung
… leitet die Bundesverwaltung und entscheidet, welche Personen in der Bundesverwaltung in wichtige Positionen kommen. Vorausgesetzt, die Bundesversammlung stimmt zu.
Was hat die Zahl sieben mit dem Bundesrat zu tun?
In Kürze: Sieben Personen sitzen im Bundesrat. Und es gibt sieben Departemente in der Bundesverwaltung.
Die Regierung der Schweiz, also der Bundesrat, besteht aus sieben Mitgliedern, so wie auch die Bundesverwaltung der Schweiz aus sieben Departementen besteht. Jedes Mitglied des Bundesrates ist für eins der sieben Departemente zuständig und vertritt dieses.
Und wer sind die aktuellen Bundesrät:innen? Und welche Departemente gibt es?
-
- Viola Amherd (Mitte/Wallis) – Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) – Sie ist zugleich auch die Bundespräsidentin für 2024.
- Karin Keller-Sutter (FDP/St. Gallen) – Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)
- Guy Parmelin (SVP/Vaud) – Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)
- Ignazio Cassis (FDP/Ticino) – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)
- Albert Rösti (SVP/Bern) – Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)
- Elisabeth Baume-Schneider (SP/Jura) – Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)
- Beat Jans (SP/Basel-Stadt) – Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)
- Viktor Rossi (GLP) ist der Bundeskanzler und damit aktuell der sogenannte 8. Bundesrat.
Bundesrat 2024: (von links nach rechts): Viktor Rossi, Elisabeth Baume-Schneider, Ignazio Cassis, Karin Keller-Sutter, Viola Amherd, Guy Parmelin, Albert Rösti, Beat Jans
Wie wird man Bundesrat oder Bundesrätin? Und kann ich als Privatperson mitentscheiden, wer Mitglied im Bundesrat wird?
In Kürze: Die Bundesversammlung wählt die Mitglieder im Bundesrat.
Die Wahl der Bundesrät:innen findet alle vier Jahre statt. Stände- und Nationalrat treffen zusammen die Entscheidung, wer im Bundesrat sitzt. Dazu gibt es eine spezielle Zauberformel – mehr dazu hier. Das heisst: Man kann als Privatperson nicht direkt mitentscheiden, wer Mitglied im Bundesrat wird. Aber wer wiederum im Stände- und Nationalrat sitzt, kann jede stimmberechtigte Person in der Schweiz mitentscheiden. (Mehr Infos zu unserer Demokratie findest du in diesem Blog)
Und wie trifft der Bundesrat Entscheidungen?
In Kürze: Die sieben Mitglieder des Bundesrats sind gleichberechtigt bei ihren Entscheidungen.
Die Mitglieder des Bundesrates treffen sich normalerweise einmal pro Woche im Bundeshaus, um aktuelle Themen, sogenannte Geschäfte zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu finden. Nur wenn dies nicht möglich ist, kommt es zu einer Abstimmung innerhalb des Bundesrats. Dabei sind alle Mitglieder gleichberechtigt und es müssen mindestens vier der sieben Mitglieder anwesend sein. Sobald die Abstimmung erfolgt ist, vertreten alle Mitglieder diesen Entscheid gemeinsam nach aussen. Dies ist auch der Fall, wenn die Entscheidung nicht mit der persönlichen Meinung oder mit der Haltung der eigenen Partei übereinstimmt. Dabei spricht man vom «Kollegialitätsprinzip».
Die Anzahl der Geschäfte beläuft sich im Jahr auf mehr als 2’500. Der Bundesrat hat also einiges zu tun und wird deshalb durch die Bundeskanzlei unterstützt.
Gibt es auch noch eine:n Bundespräsident:in oder ein:e Bundeskanzler:in?
In Kürze: Ja, es gibt beide Rollen, allerdings haben sie kaum mehr Macht als ein «normales» Mitglied des Bundesrates.
Ja, es gibt auch eine:n Bundespräsident:in und ein:e Bundeskanzler:in. Die Aufgabe der:des Bundespräsident:in übernimmt ein Mitglied des Bundesrates jeweils für ein Jahr. Dann wird die Rolle an eine anderes Bundesratsmitglied weitergegeben. Der:die Bundespräsident:in hat zwei wesentliche Funktionen: Die Sitzungen des Bundesrates zu leiten und die Regierung der Schweiz bei internationalen Treffen zu vertreten. Mehr Entscheidungsmöglichkeiten als die anderen Bundesrät:innen hat der:die Bundespräsident:in aber nicht.
Die Rolle der Bundeskanzlei wird als sogenanntes «achtes» Bundesratsmitglied beschrieben. Diese Person unterstützt und berät den Bundesrat. Anders als zum Beispiel in Deutschland und Frankreich kann der:die Bundeskanzler:in in der Schweiz nicht als Staatsoberhaupt bezeichnet werden.
Willst du mehr über die Schweizer Politik erfahren? Du findest unzählige weitere Blogs zu Themen rund um Demokratie, aktuelle Abstimmungsvorlagen und die Schweizer Politiklandschaft!
Bei Discuss it schreiben wir aber nicht nur Blogs, wir setzen uns aktiv für die politische Bildung von jungen Menschen ein und organisieren dazu Podiumsdiskussionen zwischen Politiker:innen und Jugendlichen. Dazu zählen wir auf das Engagement von vielen jungen Freiwilligen.
Auf unserer Website findest du weitere Informationen.
Erstellt von Judith Boll