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7. Februar 2023

Weshalb Taxis politisch sind

Wann hast du das letzte Mal ein Taxi gerufen, um von A nach B zu gelangen? Oder verwendest du, wenn überhaupt, dann die Uber-App? Die Taxibranche in der Schweiz befindet sich in einem grossen Wandel. Wie es zu diesem kam und welche Rolle der US-amerikanische Fahrdienst Uber dabei spielt, erfährst du in diesem Blog.

Taxis waren einst ein fester Bestandteil des Schweizer Stadtbildes. Zusammen mit dem Bedeutungszuwachs der Autos in den 1950er-Jahren wuchs auch die Taxibranche. Im Laufe der 1970er-Jahre entstanden viele Taxizentralen. In den vergangenen Jahren verloren die Taxis jedoch zunehmend an Kundschaft. Dies zeigte sich beispielsweise erst kürzlich in der Silvesternacht am Zürcher Hauptbahnhof. Obwohl die Neujahrsnacht eigentlich eine der lukrativsten Nächte für Taxiunternehmen ist, herrschte Flaute. Eine Zusammenstellung des SRF zeigt, dass die Anzahl Taxichauffierende und Fahrzeuge seit einigen Jahren rückläufig ist. Gab es 2002/03 beispielsweise noch 582 Taxifahrer:innen in Bern, so waren es 2022 lediglich noch 326. 

Quellen: Taxi-Büros der Städte Bern und Zürich; SRF

Ein zentraler Wendepunkt für Taxiunternehmen markierte das Jahr 2013. In diesem Jahr etablierte sich die Technologieplattform Uber in der Schweiz. Mit dem Fahrdienst-Vermittler stand den Menschen nun eine App zur Verfügung, mit der sie einfach und günstig zu jeder Zeit eine Fahrt bestellen konnten. Doch als Uber in der Schweiz startete, waren vorerst viele rechtliche Fragen ungeklärt. 

Uber und das Schweizer Arbeitsrecht

Der arbeitsrechtlich umstrittenste Aspekt stellt die Beziehung zwischen dem Unternehmen Uber und seinen Fahrer:innen dar: Gemäss Uber seien die Fahrer:innen selbstständig tätig und demnach nicht als Angestellte des US-Konzerns zu betrachten. Uber sieht sich somit nicht als Arbeitgeber. Diese Sichtweise hat gravierende Auswirkungen auf die soziale Sicherheit der Fahrer:innen. So muss Uber für die Fahrer:innen keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, wie dies normalerweise bei Schweizer Unternehmen der Fall ist. Die Uber-Fahrer:innen können sich zwar freiwillig gegen diverse Risiken versichern, die meisten verzichten jedoch darauf, sodass sie nur schlecht gegen soziale Risiken abgesichert sind. Dies bedeutet, dass die Fahrer:innen beispielsweise bei einem Unfall oder einer Krankheit keine finanzielle Unterstützung erhalten. 

Schätzungen zufolge konnte Uber seit 2014 rund 40 Millionen Franken einsparen, indem das Unternehmen keine Sozialversicherungsabgaben in der Schweiz leistete. Dies trug massgeblich zum Erfolg und den günstigen Preisen von Uber bei. Dagegen kommt die Taxibranche kaum an. Schliesslich gelten Taxifahrer:innen als Angestellte, wodurch ihr Arbeitgeber Sozialversicherungsabgaben für sie leisten muss. Diese Kosten werden auf die Kund:innen abgewälzt, was sich wiederum in höheren Fahrpreisen niederschlägt. 

Der Ruf von Uber gerät ins Wanken

Auch wenn der Fahrdienst-Vermittler Uber mancherorts nicht mehr wegzudenken ist, häufen sich die Negativschlagzeilen und die Rechtsstreitigkeiten. Vor kurzem sorgte der ehemalige Uber-Lobbyist Mark MacGann für Aufruhr, indem er die sogenannten Uber-Files an ein internationales Netzwerk aus Journalist:innen sandte. Diese internen Dokumente zeigen, wie Uber durch aggressives Lobbying Menschen in politischen und wirtschaftlichen Führungspositionen sowie die öffentliche Meinung zu seinen Gunsten beeinflussen wollte. In der Schweiz beauftragte Uber beispielsweise Lobbying-Agenturen, um sich Zugang zu einflussreichen Personen zu verschaffen. Die Dokumente bestätigen, dass zahlreiche Treffen mit Schweizer Entscheidungsträger:innen stattgefunden haben. 

Des Weiteren sorgen vor allem Rechtsstreite für Aufsehen. Im Kanton Genf gingen die Behörden bis vor Bundesgericht, weil sie der Überzeugung waren, dass Uber-Fahrer:innen gemäss dem kantonalen Taxi-Gesetz von Uber angestellt werden müssen. Im Sommer 2022 entschied das Bundesgericht schliesslich zugunsten der Genfer Behörden. Uber sieht das Urteil jedoch nicht als Präzedenzfall für die restliche Schweiz. Noch ausstehend ist ein Bundesgerichtsentscheid zwischen Uber und der Sozialversicherungsanstalt in Zürich. Auch hier dreht sich alles um die Kernfrage: Sind Uber-Fahrer:innen Angestellte oder Selbstständige? 

Wie wird sich die Taxibranche wohl weiterentwickeln?

Unter den Taxifahrer:innen gab es immer wieder Versuche, eigene Apps ins Leben zu rufen, um mit Uber mithalten zu können. Der grosse Durchbruch blieb bislang jedoch aus. Ein erschwerender Faktor dabei ist die Tatsache, dass jeder Kanton über ein eigenes Taxigesetz verfügt. Dies hindert nationale Projekte. Gleichzeitig fehlt es vielerorts an finanziellen Mitteln, um eine solche App zu etablieren. 

Was denkst du? Gelingt es der Taxibranche, sich zu erholen und vielleicht sogar eine eigene App zu etablieren? Und wie geht es mit Uber weiter? Zu welchen Urteilen wird es in den Rechtsstreitigkeiten rund um das Anstellungsverhältnis der Uber-Fahrer:innen kommen?

Erstellt von Rebekka Isler